Lanolin (Wollwachs)
Gattung: Ovis L., Bovidae Drogen liefernde Arten: Ovis arie L. Droge: adeps lanae (Wollwachs) Synonyme: cera lanae, lanolinum anhydricum Sonstige Bezeichnungen: dt.: Wollfett; engl.: Lanolin/Wool Fat/Wool Wax/Woolgrease; frz.: graisse de laine; it.: cera di lana; span.: Lanolina; port.: Suarda
Definition der Droge: Wollwachs ist eine wachsartige Substanz, die von den Talgdrüsen der Schafhaut abgesondert wird und die Wollfasern (Vlies) schützend überzieht. Zurückgewonnen wird sie aus den Waschwässern der geschorenen Wolle. Herkunft: Rohwollwachs fällt bei der Reinigung des Waschwassers in den Wollwäscherein an. Abhängig von Herkunftsland und Schafsrasse enthält (ungewaschene) Rohwolle unterschiedliche Mengen an Wollwachs (8-16 %). Gute Qualitäten kommen aus Australien, Neuseeland und Südafrika und auch aus Chile. Zunehmend wird Wolle inzwischen aber in China gewaschen. Europäische Wollwäschereien sind nicht mehr konkurrenzfähig, mehrere wurden deshalb in letzter Zeit geschlossen. Gewinnung: Das heute überwiegend mit Zentrifugen-Seperatoren (Mehrstufen-Verfahren) aus dem Waschwasser nach Ansäuern (mit z.B. Phosphorsäure) abgetrennte Wollwachs (Ausbeute ca. 60%) wird als zentrifugiertes oder Zentrifugen-Wollwachs bezeichnet. Bei einer anderen gebräuchliche Methode (in Taiwan) wird die Wolle mit organischem Lösungsmittel gewaschen und durch Abdestillation des Lösungsmittels Wollwachs (minderer Qualität) erhalten. Aufbereitung/Raffination Das Rohwollwachs wird zunächst mit verdünnter Salz-/Phosphorsäure gekocht, um alle wasserlöslichen und fettlöslichen Seifen zu hydrolysieren und so die freien Fettsäuren zu erhalten, sowie auch um verschiedene säurelösliche Verunreinigungen zu entfernen. Die freien Fettsäuren werden durch Neutralisation mit Natriumcarbonat bzw. vorzugsweise Natronlauge in die Natriumseifen überführt, die schlecht in Wasser löslich sind. Zum Herauslösen wird deshalb entweder Ethanol oder 2-Propanol zugesetzt. Die ganze Mischung wird dann kurzfristig zum Sieden gebracht und danach sich in eine obere Wollwachsschicht und in eine darunter befindliche wässrig-alkoholische Schicht trennen lassen. Die untere Schicht wird mit den sich zwischen den beiden Phasen befindlichen evtl. noch vorhanden unlöslichen Bestandteilen entfernt und das Wollwachs dann mit heißem Wasser oder verdünntem Alkohol gewaschen bis es vollständig von der verbliebenen Seife befreit ist. Vor dem nächsten Schritte wird das Produkt getrocknet, wobei verschiedene Verfahren angewandt werden.
Handelssorten: Gute Wollwachsqualitäten haben eine hohe Wasseraufnahme, niedrige Peroxydzahl (unter 10) bei heller Farbe (max. 10 nach GARDNER ), sowie niedrige Insektizidrückstandswerte (Gesamtpestizidgehalt < 1 ppm) wie z.B. LANOLAN. Zusammensetzung (Inhaltsstoffe): Auf Grund der bi-funktionellen Gruppen der vorkommenden Hydroxysäuren (ca. 32 % der Fettsäurefraktion) und der Dihydroxy-Alkohole (ca. 7 % der Alkoholfraktion) besteht Wollwachs aus einem Gemisch von Estern, Di-Estern und Hydroxy-Estern. Bei deren Hydrolyse wurden bis jetzt 69 aliphatische Alkohole (C14-C36) und 6 Sterole (Cholesterol, Dihydrocholesterol, Lanosterol, Dihydrolanosterol, Agnosterol, Dihydroagnosterol) sowie 138 Fettsäuren (C8-C41) isoliert (4-6). Nimmt man vereinfachend an, daß nur Monoesterverbindungen vorliegen, ergeben sich daraus schon über zehntausend mögliche Esterverbindungen (7). Die wirkliche Zahl ist nicht bekannt. Unverestert liegen bis 0,5 % Fettsäuren vor (entsprechend einer Säurezahl < 1) und bis 12 % Alkohole. Daneben enthält Wollwachs noch Seifen- bzw. Detergentienrückstände aus dem Waschprozess sowie Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmittel, da die Schafe nach der Schur durch ein Insektizidbad getrieben werden müssen (z. B. in Australien und Neuseeland gesetzlich vorgeschrieben), um schmarotzende Insekten in der Haut des Schafes, die zu schlimmen Erkrankungen führen können, abzutöten. Seifen- und Detergentienrückstände - besonders die heute bei der Wollwäsche bevorzugten nichtionischen ethoxylierten Alkylphenole und aliphatischen Alkohole - stören die Emulsionsbildung (Wasseraufnahmefähigkeit) des Wollwachses (und von Wollwachsalkoholen) beträchtlich. In Rohwollwachs wurden Mengen von 0,5 bis 2,4 % nachgewiesen (8). Zur Erzielung einer guten Wasseraufnahme muß der Detergentiengehalt unter 0,1% liegen (9). Insektizid(Pestizid)-Rückstände Seit dem Supplement 2001 des Europäischen Arzneibuches (gültig ab 1. Januar 2001) ist die Monographie Wol Fat jetzt durch eine Pestizidrückstandsbestimmung ergänzt. Es gelten folgende Grenzwerte:
Bei Lanolin USP sind deutlich höhere Grenzwerte erlaubt (10 ppm pro Einzelpestizid, 40 ppm Gesamtpestizidgehalt). Für Modified Lanolin USP 32 gilt als Grenzwert 1 ppm pro Einzelpestizid und 3 ppm Gesamtpestizidgehalt. Derivate: Alcoholes adipis lanae (Wollwachsalkohole) Ph.Eur./ÖAB 90/Helv VII/Wool alcohols BP 93/Lanolin Alcohols NF / Synon.: Alcoholes lanae. Wollwachsalkohole gewinnt man durch alkalische Verseifung der (Wollwachs)Ester und anschließender Abtrennung der unverseifbaren Anteile (45%) mit organischen Lösungsmittel (z.B. Petroläther) von den Alkalisalzen der Fettsäuren (55%). Bessere Qualitäten werden durch eine nachfolgende Molekulardestillation erhalten, wobei meist ein bestimmter Teil des Vor- und Nachlaufes verworfen wird. Wollwachsalkohole bestehen aus einem Gemisch der im Wollwachs vorkommenden Sterolen und aliphatischen Alkoholen. Der Steringehalt berechnet auf Cholesterin soll mindestens 30,0 % betragen. Hydriertes Wollwachs (Hydrogenated wool fat) Ph.Eur ein Alkoholgemisch, das durch katalytische Hochdruckhydrierung von Wollwachs gewonnen wird, war nach AB-DDR als Wollwachsalkohol einzusetzen. Wenn man Wollwachs unter hohem Druck (180 bis 350 atü) und Temperatur (bis ca. 330° C) im Beisein eines Katalysators mit Wasserstoff behandelt, erhält man ein fast weißes, praktisch geruchloses, wenig klebriges Produkt, das sich aus 48-62% Dihydroxi-, 18-30% Monohydroxi-Alkoholen sowie 10 -15 % Kohlenwasserstoffe und 2-4% Ester zusammen setzten soll (7). Cholesterol PhEur/USP/ÖAB 90 kann aus der Wollwachsalkoholfraktion gewonnen werden. Dieser einfachungesättigte Alkohol ist hochgereinigt kristallin und optisch aktiv und hat ein Molekulargewicht von 386. Schmelzpunkt: 148 °C. Es gibt daneben eine große Zahl von Wollwachsprodukten, die durch Fraktionierung bzw. durch chemische Reaktionen mit Wollwachs/Wollwachsalkoholen und -fettsäuren gewonnen werden, die bis jetzt keinen Eingang in Arzneibuchmonographien gefunden haben: So lassen sich Wollwachs/Wollwachsalkohole ethoxilieren (wasserlösliche Derivate mit O/W-Emulgierwirkung), propoxilieren und alkoxilieren (verbesserte Löslichkeit in Alkoholen bzw. pflanzlichen Ölen) sowie acetylieren (verstärkt hydrophobe Produkte). Ispropylester der Wollwachsfettsäuren haben eine starke Spreitwirkung. Glycerinester sind W/O-Co-Emulgatoren (Mono-Ester) bzw. zeigen starke wasserabweisende Eigenschaften (Di- und Triester). Bei Raumtemperatur flüssiges Lanolin erhält man durch Abtrennen der bei tieferen Temperaturen sich aus einer organischen Lösung abscheidenden Bestandteile nach Entfernung des Lösungsmittels. Identität: Wollwachs ist leicht löslich in Äther, Chloroform, Benzin, Benzol, Aethylacetat, unlösl. in Wasser u. Ethanol. Nach Ph.Eur.(Eur) entwickelt W. in Chloroform gelöst nach Zusatz von Schwefelsäure eine (obere) rote gefärbte und (untere) intensiv grün fluoreszierende Phase. Mit Schwefelsäure und Acetanhydrid ergibt sich eine grüne Färbung (Liebermann-Burchard-Reaktion), wie dies auch in Dichlormethan gelöste Wollwachsalkohole zeigen. Reinheit:
Lagerung: Wollwachs und Wollwachsalkohole sollen kühl
und vor Licht geschützt in möglichst vollständig gefüllten
Behältern gelagert werden. Bei einer Stabilisierung mit 200 ppm BHT
ist bei Wollwachs eine Haltbarkeit von mind. 2 Jahre
gewährleistet. Bei Wollwachsalkoholen ist die gleiche Zusatzmenge BHT
erlaubt. Da die Wollwachsalkohole aber oxidationsempfindlicher sind, ist die gleiche Haltbarkeit nicht garantiert. Das BP 83
erlaubte noch 1000 ppm BHT bei Wollwachsalkoholen zuzusetzen.
Wirkungen: Wegen der starken W/O-emulgierenden
Eigenschaften (hohe Wasseraufnahmefähigkeit) verbunden mit der geringen Tendenz zum Ranzigwerden ist Wollwachs (und Wollwachsalkoholsalbe) eine geschätzte Salbengrundlage
(Absorptionsgrundlage). Die emulgierenden Eigenschaften sind aber auch die Ursache für die bekannten hautpflegenden Eigenschaften. Nach Clark, E.W. u. Steel, I.(13) penetriert Wollwachs durch das stratum corneum bis zu stratum granulosum, wo es spontan Hautfeuchtigkeit in Form einer Emulsion bindet
(mittlerer Tröpfchendurchmesser: 40 nm) und so vermutlich als Puffer wirkt, um transepidermalen Wasserverlust durch Abgabe auszugleichen. Die spontane Wasseraufnahme und -abgabe eines Wollwachsfilmes läßt sich in vitro zeigen (14).
Resorption: Wollwachs wird in der Haut gespeichert,
aber nicht resorbiert (15).
Anwendungsgebiete: Wollwachs beinflußt vor allem
den Regenerierungsprozeß angegriffener oder schon
geschädigter Haut. Deshalb ist es Bestandteil von
Hämorrhoiden-Salben, Wundsalben, Salben gegen Ekzeme vor allem allergischer
und seborrhoischer Genese und Salben gegen bakterielle
Infektionen von Haut und Schleimhaut. Wegen seiner
Reizlosigkeit (und weil es sich sterilisieren läßt) dient Wollwachs auch
als Augensalbengrundlage (Helv VII/BP 93).
Allergische Reaktionen: Über die Häufigkeit des
Auftretens einer allergischen Reaktion gegen Wollwachs wird
widersprüchlich berichtet (16-19). 1975 zeigte Clark (16), daß die
Allergierate von Lanolin bei der allgemeinen Bevölkerung mit höchstens
9,7 pro eine Million Personen angesetzt werden darf. Ursache
dafür könnten Bestandteile der im Wollwachs vorhandenen freien
Alkohole (8-12%) sein. Reduziert man nämlich diese Fraktion unter
3 %, so wird die Allergiehäufigkeit nochmals um den Faktor
10 gesenkt. Bei 149 Personen mit Reaktionen gegen
normales Wollwachs zeigte nur eine Person auch Reaktionen gegen
ein Wollwachs, bei dem der Gehalt an freien
Wollwachsalkoholen unter 3 % reduziert war (20). Auth kommt zu ähnlichen
Ergebnissen (24): Bei 51 Personen mit Reaktionen
gegen Wollwachsalkohole (30 % in Vaseline), zeigten noch 38
positive Reaktionen bei Wollwachsalkoholsalbe DAB, 27 bei
Wollwachs DAB, aber nur noch vier bei Wollwachs mit max. 3 % freien
Alkoholen. Deutlich höhere Allergieraten wurden bei
hydriertem Wollwachs gefunden (21-23).
Toxikologische Daten: Wollwachs ist völlig untoxisch.
Eine LD50 bei Ratten konnte nicht ermittelt werden (> als 16 g/kg). Daten zur Ökologie:
(BBS) Biochemischer Sauerstoffbedarf: 1261 mgO2/g Physikalische Daten:
HLB-Werte von Lanolin/Wollwachs und Lanolinerivaten:
Arzneibuchzubereitungen Mischungen von Wollwachs und/oder Wollwachsalkoholen mit Cetearylalkohol und/oder Paraffinen/Vaselin weiß/gelb (flüssige und feste Kohlenwasserstoffe) -jeweils mit oder ohne Wasserzusatz- sowie in einigen Fällen auch mit Zusatz von pflanzlichen Ölen sind beliebte W/O Salben- bzw. Absorptionsgrundlagen und in einer Reihe von Arzneibüchern und nationalen Formelsammlungen vertreten. Aufgrund der nichtionischen Emulgatoreigenschaft von Wollwachs und Wollwachsalkoholen und der guten Emulsionsstabilität dieser Mischungen dienen sie in (meist älteren) Arzneibuchzubereitungen auch zur Aufnahme von Wirkstoffen, die teilweise eine Emulsionsbildung stark stören können, wie Salicylate, kolloidales Silber, Silbernitrat, Kaliumjodid, Resorcin, Quecksilberverbindungen, Terpentinöl, Campher und Teerlösungen. Monographien des DAB 2011Lanolinum (Lanolin): 15T dickflüssiges Paraffin/ 20T Wasser/ 65T Wollwachs. Lanea alcoholum unguentum (Wollwachsalkoholsalbe): 0,5T Cetylstearylakohol/ 6,0T Wollwachsalkohol/ 93,5T weißes Vaselin. Lanea alcoholum unguentum aquosum (Wasserhaltige Wollwachsalkoholsalbe): 1T Wollwachsalkoholsalbe DAB 2011/ 1T Wasser. Beispiele von Zubereitungen anderer/älterer Arzneibücher mit ähnlicherer oder gleicher Zusammensetzung:
Sonstige Verwendung: In der Kosmetik dienen Wollwachs und seine Derivate vor allem als Emolliens und Rückfetter. So ist es Bestandteil von Nähr-, Fett-, Hand- und Nachtcremes, Lippenstiften, Shampoos (ethoxiliertes Wollwachs), After-shave-Präparaten und Bestandteil von Absorptionsgrundlagen (s. Rezepturen) und Baby-Cremes. Wollwachs wird auch als Weichmacher eingesetzt; so z.B. in Heftpflastern oder in Kaugummis (in der Lebensmittel-Zusatzstoff- Verkehrsverordnung (ZVerkV) zugelassen) und ebenso in Lebensmittelfarben. Im technischen Bereich findet Wollwachs vor allem Verwendung als Rostschutzmittel (Schiffe, Auto-Karosserie- und Unterbodenschutz) und in Lederfetten. Wollwachsalkohole sind vor allem Bestandteil von Absorptionsgrundlagen in kosmetischen (z.B. NIVEA-Creme ® ) und pharmazeutischen Präparaten. Da Wollwachsalkohole pH-stabil sind (sie hydrolysieren nicht), werden sie als Emulgatoren in stark sauren bzw. alkalischen W/O-Emulsionen eingesetzt (z.B. Haarfärbemittel). Cholesterin ist Ausgangsmaterial z.B. zur Herstellung steroider Hormone und von Flüssigkristallen und dient als W/O-Emulgator in (vor allem) kosmetischen Rezepturen. Offizielle Monographien:
1. Wood GF (1961) J Amer Oil Chem Soc 38:216-218
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